Gert Waltenbauer

Für die richtigen Investitionen. Für eine werteorientierte Unternehmensführung.

Gert Waltenbauer bewegt und beaufsichtigt ziemlich große Summen. Als langjähriger Geschäftsführer und Vorsitzender des Beirats der KGAL, einem führenden unabhängigen Investment- und Asset-Manager, bevorzugt er dabei Investitionen, die sich an den Trends der Zukunft orientieren. Urbanisierung, saubere Energie, Mobilität und Infrastruktur in Städten sind für ihn ebenso wichtige Parameter, wie die Environment-Social-Governance-Kriterien (ESG).

Als Führungskraft und Vordenker seiner Branche hinterfragt Gert Waltenbauer regelmäßig sein unternehmerisches Handeln. Er ist Mitglied beim Institut für Corporate Governance in der Deutschen Immobilienwirtschaft® (ICG), einer führenden Denkfabrik für nachhaltige und werteorientierte Unternehmensführung in der Immobilienbranche.

Gert Waltenbauer ist davon überzeugt, dass eine erfolgreiche und nachhaltige Wirtschaft die Themen Ökologie, Soziales und gute Unternehmensführung deutlich stärken muss – und dass dies auch Geld kostet. Aber er ist sich sicher: Ohne funktioniert es in Zukunft nicht, auch wenn das zunächst zu Lasten von Gewinnen geht.

Ein Kurzinterview. Über Regulierung, Rückgrat und Transparenz als Voraussetzung für faires, qualitatives Wirtschaften.

Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050, und was wünschen Sie sich?

Ich sehe zwei gegensätzliche Szenarien für das Jahr 2050: 1. Wenn uns global ein Umsteuern im Hinblick auf Klimaschutz, Demokratie und geopolitscher Entspannung gelingt, wozu auch eine Quality Economy entscheidend beiträgt, sehe ich eine Welt im Vorwärtsgang für die nächsten Dekaden. In ihr dürfen die Menschen ein Leben in mehr und vor allem besser verteiltem Wohlstand und Sicherheit erwarten. 2. Gelingt uns das Umsteuern in diesen Bereichen nicht, werden wir global mit mehr und vor allem gefährlicheren geopolitischen Konflikten, Wellen von Kriegs-, Wirtschafts- und Klimaflüchtlingen und einem zunehmenden Auseinanderdriften sowohl von regionalen und politischen Blöcken als auch von sozialen Schichten konfrontiert. Es steht also in den nächsten Jahrzehnten enorm viel auf dem Spiel! Leider bin ich nicht allzu optimistisch bezüglich Szenario 1 – die jüngsten Entwicklungen und die Unfähigkeit globale Lösungen zu finden sprechen momentan dagegen. Wahrscheinlich tritt keines dieser gegensätzlichen Szenarien ein, sondern etwas irgendwo diesen beiden Extremen. Ich wünsche mir große Anstrengungen, die dabei helfen, in Richtung des ersten Szenarios zu steuern.

Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?

Wirtschaften war und ist vorrangig auf Gewinnerzielung oder sogar Gewinnmaximierung ausgerichtet. Dies ist nichts Verwerfliches und für das Wachstum einer Volkswirtschaft und ihren Wohlstand notwendig. Dennoch können wir nicht so weitermachen wie bisher. Wir verbrauchen in diesem System zu viele Ressourcen, lösen zu viele soziale Probleme aus und finanzieren zu stark die „Schattenseiten“: Korruption, Kriminalität, Terrorismus und zweifelhafte Industrien. Wir müssen daher eine andere Qualität in unser Wirtschaftshandeln integrieren und die Aspekte Ökologie, Soziales sowie gute Unternehmensführung deutlich stärken. Dies wird Geld kosten und zu Lasten der Gewinne gehen, ist aber langfristig unvermeidbar.

Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.

Ich habe mein gesamtes Berufsleben im Finanzsektor gearbeitet und den Vertrieb von Finanzprodukten an Kleinanleger miterlebt. Hier wurde von den Vertrieben viel Geld damit verdient, möglichst viel Umsatz zu generieren, auch wenn die Produkte für die Anleger unpassend oder sogar qualitativ schlecht und risikoreich strukturiert waren. Die höchste Provision entschied oft über die Produktauswahl. Vor gut 20 Jahren erlebte ich eine Schlüsselsituation: Eine über 80-jährige Dame wandte sich an die Anlegerbetreuung und bat um die Rückabwicklung eines von ihr gezeichneten Private Equity Fonds. Sie hatte von ihrem Finanzberater eine Anlageempfehlung erbeten, bei der sie sichere und vor allem feste, planbare Erträge als Rentenersatz zur Bestreitung ihrer Lebenshaltung erzielen kann. Der Berater hat sämtliche Ersparnisse der Dame in ein Finanzprodukt investiert, das eine 15-jährige Laufzeit mit völlig unplanbaren, eher endfälligen Erträgen und unpassender Risikostruktur – bis zum Totalverlust war alles möglich – aufweist. Die Chance, dass die Anlegerin das Ende der Laufzeit des Fonds erlebt, war außerdem sehr gering. Bereits nach kurzer Zeit realisierte die Dame, dass sie keine laufenden Erträge erhielt und ihr das Geld für die Lebenshaltung ausging. Derartige Fehlberatungen gehen schnell an die Existenzgrundlage von Menschen – der Berater hat dabei aber gut verdient. Die Situation konnte im Sinne der Anlegerin gelöst werden. Heute sind solche Ereignisse dank einer strengen Finanzregulierung praktisch nicht mehr möglich. Gut so! Es darf nicht sein, dass Gewinnstreben unter Ausnutzung der Unkenntnis in einer solchen Notsituation eines Geschäftspartners oder Kunden endet.

Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie? 

Haltung, Regulierung und Transparenz! Haltung, denn ohne feste Überzeugung und Rückgrat sowie den Willen zur Veränderung wird nichts passieren. Regulierung, weil es einen gesetzlichen Rahmen braucht, um Standards zu schaffen und diejenigen zu mobilisieren, deren Haltung nicht ausreicht, um sich zu verändern. Und Transparenz, da die Vorgänge im Rahmen des Wirtschaftens der Unternehmen und Marktteilnehmer von innen und außen vollständig erkennbar sein müssen, um den Veränderungsbedarf verbindlich feststellen zu können.

Was sollten wir tun, und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?

Wir müssen globale Probleme adressieren und qualitative Ökonomie als Instrument zur Verbesserung nutzen. Deshalb sollten wir vor allem versuchen, weltweit Unterstützer und Verbündete für eine breite Bewegung zur qualitativen Ökonomie zu finden. Wir sollten auf keinen Fall „good washing“ betreiben, also nicht den Anschein erwecken nach qualitativer Ökonomie zu streben, in Wahrheit jedoch nicht mit der richtigen Haltung für die Sache stehen.

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