Dr. Hans Krattenmacher

Für das praktische Erproben von Innovationen, statt nur darüber zu reden.

Dr. Hans Krattenmacher ist seit über einem Jahrzehnt eine führende Persönlichkeit in der Welt industrieller Mechatronik. Als Chief Innovation Officer Mechatronics der SEW EURODRIVE verantwortet er intelligente Antriebslösungen.

Hans Krattenmacher verfügt über ein Diplom in Elektrotechnik und einer Promotion im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Er richtet das Unternehmen durch eine kundenorientierte Produkt- und Systementwicklung auf eine nachhaltige und digitale Zukunft aus.

 

Seine Aufgaben erfordern es stets, in Systemzusammenhängen zu denken, die oft nicht sofort offensichtlich sind. Schon früh begann er, Produkte nach den Kriterien der Kreislaufwirtschaft zu entwickeln und den gesamten Lifecycle zu berücksichtigen. Dies mündete in einem hochmodernen voll digitalisierten Antriebs- und Automatisierungsbaukasten mit integriertem Leistungs- und Energiemanagement, um Applikationen hochgradig effizient zu machen und um Leistungsspitzen massiv zu reduzieren zur Entlastung der Energienetze im Rahmen der Energiewende.

Hans Krattenmacher verbrachte fast die komplette Zeit seines beruflichen Lebens in Führungspositionen, setzte sich intensiv mit Führungsmodellen auseinander und glaubt an die intrinsische Motivation von Menschen als langfristig überlegenes Führungsmodell. Durch seine Tätigkeit in einem weltweit agierenden Familienunternehmen kam er mit vielen Kulturen in vielen Ländern in Kontakt und hat dabei von Anbeginn seines Berufslebens viele Facetten der Qualitativen Ökonomie erfahren. Vor allem das Denken und Handeln in Generationen ist tief in seinen Grundwerten verankert.

 

Neben seiner Tätigkeit bei SEW-EURODRIVE, beteiligt sich Hans Krattenmacher in verschiedenen Fachgremien, so ist er im Vorstand des ZVEI und beteiligte sich aktiv an Initiativen wie DC-Industries, die sich mit der Entwicklung von Gleichstromnetzen für individuelle Anwendungen befassen.

Hans Krattenmacher steht für eine Industrie, die Technik, Fortschritt und Verantwortung vereint und damit Qualitative Ökonomie repräsentiert.

Ein Kurzinterview. Über das, was uns eint. Und warum wir mehr machen und weniger debattieren sollten.

Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050, und was wünschen Sie sich?

Wir werden vermutlich in einer multilateralen Welt leben, die sich aus wirtschaftlichen und militärischen Schwergewichten zusammensetzen wird, allen voran China und die USA sowie hoffentlich Europa. Ich wünsche mir dabei, dass wir sagen können, die autokratischen Irrungen und Wirrungen der Zwanzigerjahre sind zumindest in den traditionellen Demokratien überstanden und wir haben alle wieder eingesehen, dass die Weltgemeinschaft besser zusammenarbeiten sollte als gegeneinander. Den Prognosen der UN folgend werden wir 2050 ca. 9,7 Mrd. Menschen auf der Welt sein. Die damit einhergehenden Herausforderungen werden nur gemeinsam gemeistert werden können. Die Beherrschung der Folgen des Klimawandels und der leider immer noch unterschätzte Zugang zu sauberem Wasser werden sicherlich die größten Herausforderungen darstellen. Und genau diese werden nur von allen gemeinsam gelöst werden können. Als Optimist setze ich darauf und wünsche es mir vor allem, dass wir diese Themen pragmatisch und lösungsorientiert angehen und nicht ideologisch. Wir müssen uns bei der Zusammenarbeit angesichts solch wichtiger Themen auf das konzentrieren, was uns eint und nicht was uns entzweit.

In meinem konkreten beruflichen Umfeld erwarte ich einen enormen Schub an Innovationen, getrieben durch Quanten-Computing, Künstliche Intelligenz, Robotik und Digitalisierung. Mit den genannten Technologien werden die Automatisierung und die Produktivität in vielen Lebensbereichen, nicht nur in Fabriken, einen gewaltigen Satz nach vorne machen. Das wird auch erforderlich sein, denn zeitgleich zum weltweiten Bevölkerungswachstum kämpfen die Wohlstandsgesellschaften mit den Auswirkungen der Demografie. Und letztendlich bin ich überzeugt, dass wir große Schritte hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung und zur Kreislaufwirtschaft vollzogen haben werden.

Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?

Die Mehrheit der Weltbevölkerung lebt nach wie vor weit unterhalb unseres Wohlstandsniveaus. Wir können niemanden das Recht auf Wohlstand absprechen, welches wir für uns gleichzeitig mit großem Selbstverständnis in Anspruch nehmen. Die logische Konsequenz daraus ist, dass es auch in Zukunft Wirtschaftswachstum und damit steigenden Ressourcenbedarf in erheblichem Umfang geben wird. Unsere Ressourcen sind aber limitiert, ob wir es nun wahrhaben wollen oder nicht. Des Weiteren entziehen wir uns mit der heutigen Art und Weise des linearen Wirtschaftens die Lebensgrundlage. Auf beide Problemstellungen liefert die lineare und rein quantitative Wirtschaft keine Antworten, denn sie kennt keine Limits und sie beziffert auch selten Folgekosten. Der wichtigste Schritt stellt für mich daher der Übergang zur Kreislaufwirtschaft und der Übergang zu einer nachhaltigen Energieversorgung dar. Das ist, nebenbei erwähnt, für einen Kontinent, der nur wenig eigene Rohstoffe hat, auch aus Unabhängigkeitsgründen durchaus klug. Ich glaube allerdings auch, dass Unternehmertum sowie gesunder und fairer Wettbewerb nach wie vor die beste Triebfeder für den erforderlichen Fortschritt und Weiterentwicklung der Wirtschaft und für die Gesellschaften sein werden und wir nur dadurch zu nachhaltigem, breit gefächertem Wohlstand kommen können. Wir müssen das Ganze auf eine nachhaltige Art und Weise machen und da ist die Natur bestes Vorbild, denn sie bildet Kreisläufe. Daher ist für mich die Kreislaufwirtschaft die zukunftsfähigste Form nachhaltigen Wirtschaftens, die es anzustreben gilt. Wir müssen lediglich lernen, dass die alten Produkte von heute der Rohstoff für die neuen Produkte von Morgen sind – und das im weitesten Sinne.

Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.

Meine Weltanschauung wurde durch kein Schlüsselerlebnis grundlegend verändert. Sie ist zunächst einmal dadurch entstanden, dass ich in behüteten Verhältnissen aufwachsen durfte, eine hervorragende Ausbildung erfuhr und bislang ein sehr selbstbestimmtes Leben leben konnte. Das Ganze in einem sehr reichen Land mit großer politischer, sozialer und rechtlicher Stabilität unter nahezu idealen Bedingungen, wenn man es mit anderen vergleicht.

Ergänzt, erweitert und nachgeschärft wurde meine Weltanschauung durch meine weltweite berufliche Tätigkeit. Ich habe das Glück, für eine weltweit aktive Firma zu arbeiten, die trotz der Größe immer noch mit dem Spirit eines Familienunternehmens geführt wird. Jede Einheit ist dabei ein lokales Abbild der dortigen Kultur und fühlt sich so an wie ein Teil der eigenen Familie. Die Summe dieser vielen Eindrücke und Erfahrungen, die ich im Laufe meines Lebens damit sammeln konnte, haben mir immer wieder gezeigt, dass Wirtschaft und Handel in Verbindung mit dem Respekt vor der jeweiligen Kultur Menschen zueinander bringt und gemeinsam Großartiges vollbringen lässt. 

Wenn man aber einen Moment benennen will, der meine Sicht auf manche Dinge nochmals wesentlich beeinflusst hat, dann ist es wohl am ehesten die Arbeit von Hans Rosling, der sich einer faktenbezogenen Welt verschrieben hatte. Die Lehre, die ich für mich aus seinen Arbeiten gezogen habe, war, dass die Welt, betrachtet durch die Brille nüchterner, belastbarer Fakten, über die Jahre hinweg sich permanent verbessert hat. Es ist also schlicht nicht richtig, dass alles immer schlechter geworden ist. Wir haben große Herausforderungen zu stemmen, ohne Zweifel, es gibt aber keinen Grund für überbordenden Pessimismus. Folgen wir einfach den Fakten, und leiten unser Handeln daraus ab.

Was sind die für Sie die wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie? 

Ich habe das große Privileg, den Hauptanteil meines beruflichen Werdegangs in einem Unternehmen absolviert zu haben, das schon seit jeher viele Elemente einer Qualitativen Wirtschaft verkörpert. Das Denken in Generationen, langfristige Entscheidungen zu treffen, kurzfristige monetäre Erfolge langfristig erfolgreichem Handeln unterzuordnen und die Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, sind für mich wichtige Parameter der Qualitativen Ökonomie. Dahinter steckt die unausgesprochene Philosophie, dass die Wirtschaft für die Menschen da ist und nicht die Menschen für die Wirtschaft. Unternehmen müssen erfolgreich wirtschaften können und nachhaltig Gewinne erzielen, das steht außer Frage. Dabei muss Wirtschaft und Handel aber stets fair sein und Interessen ausgleichen. Gewinnt kurzfristig immer nur einer, gewinnt langfristig keiner. Die derzeit wichtigsten Parameter sind für mich allerdings der Übergang zur Kreislaufwirtschaft, den Aufbau einer nachhaltigen Energieversorgung und die erfolgreiche Transformation zu einer digitalen Gesellschaft.

Was sollten wir tun, und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?

Ich bin der Meinung, dass wir für die meisten großen Herausforderungen durchaus Antworten haben, wir müssen es nur endlich umsetzen. Dabei sollten wir aber realistisch bleiben und anerkennen, dass andere Länder und Gesellschaften nach ähnlichem Wohlstand streben, wie wir ihn bereits erreicht haben. Deshalb werden wir auch morgen in Konkurrenz zu anderen stehen und müssen im Wettbewerb bestehen. Wir sollten aber wieder an die Kraft der Innovation glauben, Wissenschaft und Bildung fördern und an die intrinsische Motivation von Menschen appellieren. Entscheidender Faktor ist die Förderung von nachhaltiger Energie- und Kreislaufwirtschaft sowie der Weg zur digitalen Gesellschaft. Dabei sollten wir nicht ideologisch und auch nicht anklagend auftreten, sondern lieber pragmatisch und motivierend. Jeder noch so kleine Schritt in die richtige Richtung, ist ein guter Schritt. Einfach mal mehr machen und weniger debattieren. Jeder kann und sollte dazu beitragen, in seinem unmittelbaren Wirkungskreis – oder auch darüber hinaus. Innovation treiben, in Bildung investieren, Bürokratie abbauen und nachhaltiges Unternehmertum fördern, das ist das, was wir von der Politik fordern müssen. Umsetzen sollten es dann aber die Unternehmen, denn Unternehmen wollen vorankommen und erfolgreich am Markt sein, Ideologen wollen recht haben. Letzteres hat der Menschheit selten geholfen, also ist der Weg für mich vorgezeichnet.

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