Lea-Sophie Cramer

Und auf einmal will jeder diese neue Art Frauen-Power.

Lea-Sophie Cramer, eine herausragende Unternehmerin und Investorin, zählt zweifellos zu den bekanntesten Persönlichkeiten der deutschen Start-up-Szene. Mit nur 23 Jahren leitete sie das Asiengeschäft von Groupon, um anschließend zusammen mit Sebastian Pollok im Jahr 2013 Amorelie zu gründen, ein Unternehmen, das sich auf den E-Commerce und die digitale Marke für Erotik spezialisiert hat. Unter ihrer visionären Führung entwickelte sich Amorelie zu einem der führenden Unternehmen der Branche und trug maßgeblich zum Wachstum und zur Neupositionierung des gesamten Sektors bei.

Ihr Engagement geht jedoch weit über die Gründung von Amorelie hinaus. Lea-Sophie Cramer ist auch eine prominente Advokatin moderner Führung und digitaler Innovation. Im Jahr 2022 gründete sie Ten More In, ein digitales, modernes Führungsprogramm für Frauen mit dem sie zur Stärkung der weiblichen Präsenz in Führungspositionen beiträgt.

Als eine der aktivsten weiblichen Business Angels in Deutschland mit rund 40 Einzelbeteiligungen ist sie auch eine wichtige Unterstützerin der Start-up-Szene. Sie investiert nicht nur in vielversprechende junge Unternehmen, sondern beteiligt sich auch an verschiedenen Venture-Capital-Fonds, um das Wachstum und die Entwicklung der Branche zu fördern. Ihr finanzielles Engagement trägt auch dazu bei, Unternehmerinnen zu ermutigen und zu unterstützen.

Ihre jüngsten Ernennungen zum Industry Advisor von KKR, einem weltweit führenden Investor, und zum Verwaltungsrat von Wella Company, unterstreichen ihre Expertise und ihren Einfluss in der Wirtschaft. Ihr Beitrag zur Förderung weiblicher Führungsrollen in einer qualitativen Ökonomie ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie individuelle Erfolge und Führungsqualitäten dazu beitragen können, Geschlechtergleichheit in der Wirtschaft zu fördern.

Als Gründerin und ehemalige CEO von Amorelie, und damit schließt sich der Kreis, hatte Lea-Sophie Cramer bewiesen, dass Frauen erfolgreich innovative Unternehmen in Branchen gründen können, die traditionell von Männern dominiert werden. Ihr Erfolg hat bis heute viele Frauen dazu inspiriert, eigene Geschäftsprojekte zu starten und in Führungspositionen zu streben.

Ein Kurzinterview. Über nachhaltiges Wirtschaften, und die Bedeutung menschlicher Beziehungen in einer modernen Welt, die Freude macht.

Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050 und was wünschen Sie sich?

Wir befinden uns 2050 in einem Wettrennen um Nachhaltigkeit. Die Menschen leben mehr und mehr in Städten, die meisten Prozesse unseres Lebens sind automatisiert und digitalisiert. Die Städte sind voll mit Solarzellen, Begrünungen und Bepflanzungen. Die Mobilität ist zwischen den Menschen geteilt, Angebote wie Car- und Ridesharing sind nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Roboter sind ein normaler Teil unserer Industrie und die Firmen leben automatisch in einer Kreislaufwirtschaft ihrer Produkte. Die Angebote in der Pflege und medizinischen Versorgung sind ausgebaut und werden noch mehr wertgeschätzt. Denn die Bevölkerung der meisten Industriestaaten ist 2050 geschrumpft, gleichzeitig altert sie und lebt länger.

Das, was uns nährt, sind allerdings weiterhin persönliche Begegnungen, ohne digitale Unterstützung, aber mit Berührung, Nähe und Intimität. 2050 wird es mit Blick auf die Digitalisierung und Automatisierung noch wichtiger, ehrliche und intensive Beziehungen zu leben.

Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die keine Angst vor der Zukunft hat, sondern sie mit kollektiver Kraft gestalten möchte: nachhaltig, visionär, gemeinschaftlich, innovativ, technisch unterstützt und verbindend. Dazu möchte ich zum Beispiel mit meiner Firma Ten More In beitragen.

Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?

Marshall Goldsmith brachte es auf den Punkt: “What got us here, won’t get us there.” Als meine Mutter 1950 geboren wurde, waren wir zwei Milliarden Menschen.In 2050 sind wir fast zehn Milliarden. Von einer leeren in eine volle Welt. Wir wollten die Natur bezwingen, da sie so allumfassend war und jetzt löschen wir sie fast aus. Außerdem leben wir zwar länger, aber sind nicht unbedingt zufriedener. Wir sehen es an mentalen Erkrankungen, die auf einem Allzeithoch sind. Deshalb müssen wir anders führen und wirtschaften. Es gilt, mutiger, menschlicher und diverser an Entscheidungen ranzugehen.

Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.

Wahrscheinlich klassisch – aber trotzdem wahr – hat die Geburt meiner Kinder mein Leben verändert: Vom Ich zum Wir, vom Nehmen zum Geben, vom Jetzt zur Zukunft, vom Nutzen zum Investieren, von der Schnelligkeit zum Zeit nehmen, vom Verbrauch zum multiplen Gebrauch, von der Strategie zur Intuition, von den Zahlen zu den Emotionen, vom Hypergrowth zum nachhaltigen Wachstum.

Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie? 

Die qualitativen Parameter der Ökonomie, die mir besonders wichtig sind, umfassen vor allem die unternehmerische Verantwortung für ökologische, ökonomische und soziale Auswirkungen. Unternehmen sollten sich bewusst sein, wie ihre Handlungen die Umwelt, die Gemeinschaft und die Wirtschaft beeinflussen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um diese Auswirkungen positiv zu gestalten.

Es ist auch entscheidend, dass wir in einer qualitativen Ökonomie die Ressourcen mehr achten, als sie zu verbrauchen und nachhaltige Praktiken fördern. Das Ziel ist eine positive Bilanz, insbesondere in Bezug auf den Einfluss auf Mensch und Natur. Diese Parameter bieten eine klare Perspektive darauf, wie wir eine nachhaltige und ethische Wirtschaft schaffen können, bei der der wirtschaftliche Erfolg nicht auf Kosten von Mensch und Natur erzielt wird.

Was sollten wir tun und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?

Wir sollten wir es lassen, andere zu verurteilen und auszuschließen, und stattdessen auf positive Beispiele setzen. Statt Schuldzuweisungen und Verboten sollten wir Menschen dazu ermutigen, sich aktiv zu beteiligen und Lust auf nachhaltiges Wirtschaften machen. Es ist wichtig, eine Kultur zu schaffen, in der das Teilen von Erfahrungen und das Zeigen von Fehlern willkommen sind, um daraus zu lernen. Schließlich sollten wir die qualitative Ökonomie als etwas betrachten, das Freude macht, indem wir positive Anreize schaffen und Menschen ermutigen, an diesem Wandel teilzuhaben.

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