

Susanne Eickermann-Riepe FRICS
Für wirtschaftlichen Erfolg, der nicht auf Kosten von sozialen oder ökonomischen Mindeststandards beruht.
Susanne Eickermann-Riepe FRICS ist eine thought-leaderin und prägende Stimme für Qualität, Governance und Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche. Sie ist Vorsitzende des RICS European World Regional Boards und Vorsitzende im Institut für Corporate Governance (ICG). Zuvor leitete sie das deutsche Real Estate Geschäft von PwC, war über 20 Jahre Partnerin und Member im Global und EMEA Real Estate Leadership Team. Hier sammelte sie wertvolle Erfahrungen und tiefgreifende Expertise in Strategie, Restrukturierung, Prozessmanagement, Risikomanagement, ESG und Digitalisierung.
Bei RICS treibt sie die Weiterentwicklung der Immobilienwirtschaft und internationaler Standards im Einklang mit dem EU Green Deal voran. Insbesondere das Engagement von RICS in EU-Initiativen wie der EU-Taxonomie, dem Level(s)-Rahmenwerk für Nachhaltigkeitsberichte sowie in der Mitwirkung an Richtlinien der EZB, EBA und bei Hypothekarkrediten wurde unter ihrer Verantwortung gestärkt. Die Weiterentwicklung der Immobilienwirtschaft und deren Standards, muss laut Susanne Eickermann-Riepe durch regulatorische Anforderungen, Investoreninteressen, Digitalisierung und gesellschaftliche Erwartungen getragen werden, um einen nachhaltigen Wandel zu erreichen. Auch im Institut für Corporate Governance (ICG) setzt sie als Vorstandsvorsitzende auf eine strategische Vision, die auf „Leadership, Stakeholder Value, Nachhaltigkeit, Good Governance, Klima & Kompensation sowie Impact Investing“ ausgerichtet ist.
Susanne Eickermann-Riepe ist eine Managerin in der Immobilienbranche, welche stets die eigene Verantwortung betont. Auch und insbesondere in einer Qualitativen Ökonomie ist ökonomischer Erfolg gewünscht, dieser darf jedoch auf keinen Fall auf Kosten von sozialen oder ökologischen Mindeststandards geschehen. Ihre Weitsicht, das Verständnis, die Zusammenarbeit und ihr Einfluss auf die wichtigen Stakeholder in der Immobilienbranche, machen Sie zu einer herausragenden Qualitativen Ökonomin in der Immobilienwirtschaft.
Ein Kurzinterview. Über die ökologischen, sozialen und ethischen Grenzen einer kapitalistischen Marktwirtschaft.
Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050, und was wünschen Sie sich?
Die Welt in 2050 wird technologisch weit fortgeschritten sein, aber stark herausgefordert durch den demographischen Wandel und mehr als 10 Milliarden Menschen weltweit bei gleichzeitig alternder Gesellschaft und einer weit fortgeschrittenen Urbanisierung. Die Städte brauchen neue Konzepte um Zuzug und Resilienz zu sichern. Versorgungssicherheit und Infrastruktur müssen krisenfest, dezentral und nachhaltig sein. Geopolitik und globale Ordnung werden durch eine Machtverschiebung Richtung Asien, Ressourcenkonflikte und Migration beeinflusst. Gesellschaft und Gesundheit werden sich aufgrund von medizinischem Fortschritt, aber auch Zivilisationskrankheiten und Ethikfragen deutlich verändern. Gleichzeitig wird die Welt ökologisch unter Druck geraten, wenn keine konsequenten Nachhaltigkeitsstrategien greifen. Sie wird sozial und politisch fragil sein, wenn Ungleichheit und Nationalinteressen dominieren. Die Gefahr sozialer Unruhen wird zunehmen, wenn wichtige Themen wie Bildung, Kooperation, Innovation, Resilienz und gerechte Verteilung von Ressourcen und Chancen nur eine untergeordnete Rolle spielen. People, Planet und Profit bleiben nur dann in einem ausgewogenen Verhältnis, wenn eine gute Governance uns alle leitet.
Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?
Vieles deutet darauf hin, dass das heutige Wirtschaftssystem (kapitalistische Marktwirtschaft) an seine ökologischen, sozialen und ethischen Grenzen stößt. Dabei spielen nicht nur der Klimawandel und Ressourcenverbrauch eine Rolle, auch planetare Belastungsgrenzen werden überschritten. Viele Menschen haben trotz Wirtschaftswachstum keinen Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung oder Wohnraum. Zudem sind viele Unternehmen auf kurzfristige Profitmaximierung statt langfristiger Verantwortung ausgerichtet. Externe Kosten werden oft nicht eingepreist. Eine denkbare Alternative wäre eine ökosoziale Marktwirtschaft, die in Europa durch den Green Deal praktisch eingeleitet ist, aber mit den Herausforderungen des Systemwechsels zu kämpfen hat. Globale Verflechtungen, Verhaltensänderung und Widerstände zeigen, dass eine tiefgreifende Weiterentwicklung des bestehenden Systems viel Zeit und Geld kostet. Trotzdem müssen wir uns in diese Richtung bewegen: sozialer, ökologischer und langfristiger handeln. Doch dazu bedarf es Haltung, denn Ziele durchsetzen hatte schon immer etwas mit Werten und Durchhalten zu tun.
Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.
Es gibt kein einzelnes Schlüsselerlebnis, dass meine persönliche Einstellung geformt hat. Es ist wohl mehr die Erkenntnis über einen langen Zeitraum im beruflichen Umfeld, dass mehr erforderlich ist um einen Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten. Gestaltungswille, Mut und Haltung haben dabei eine Rolle gespielt.
Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie?
Die Welt und die Menschen sind darauf trainiert als homo oeconomicus, also als ausschließlich von Erwägungen der wirtschaftlichen Zweckmäßigkeit geleiteter Mensch zu bestehen. Beim qualitativen Wirtschaftswachstum liegt die Annahme zugrunde, dass durch wachsendes Können und in Innovationen umgesetztes Wissen der Weltbevölkerung die Qualität von Produkten und Dienstleistungen steigt. Wenn wir also unter dem Wachstumsbegriff nicht nur die Zunahme des Bruttosozialproduktes, sondern auch die Änderung der Lebensqualität und der Umweltqualität berücksichtigen, dann werden wir in einer insgesamt lebenswerteren Welt zu Hause sein. Für den Immobiliensektor könnte man es mit den Worten des New European Bauhaus beschreiben: „Beautiful. Sustainable. Together.“. Die Zusammenarbeit mit der der European Investment Bank zur Erstellung entsprechender Investment Guidelines für diese neue Art des Investierens, hat eine Vielzahl von Kriterien und „Working Principles“ ergeben, die der Immobiliensektor dabei berücksichtigen kann. Der Fokus sind zwar Gebäude, Open Spaces und Nachbarschaften, aber sie sind konzipiert für Investoren und Stakeholder. Die Vorteile dieser Investments gehen weit über kurz- und langfristige finanzielle Auswirkungen hinaus, sie tragen in hohem Maße zum kollektiven Nutzen von sozialen Verbesserungen und zur Wertschöpfung bei.
Was sollten wir tun, und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?
Es geht nicht nur darum was wir tun oder lassen sollten, sondern auch um das „how & why“. Es geht um Wirkung und darüber sollten wir uns bei allen Investments oder bei allem ökonomischen Handeln klar sein. Wirkung zielt nicht nur auf das Kapital oder das wirtschaftliche Ergebnis. Natürlich spielen diese Faktoren eine wichtige Rolle, sie dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Menschen, Natur und Gesellschaft davon betroffen sein können. Daher geht es auch um Kooperation und Social Impact. Es wird sich auszahlen durch Reputation und Visibilität, Zugang zu nachhaltigen Finanzmitteln, weiteren Vergünstigungen und auch neuen Ertragsquellen zu erhalten. Gleichzeitig können Lebensqualität, Ressourcennutzung, sozialer Zusammenhalt und Stabilität unterstützt werden. Es gelingt, wenn alle ihre Verantwortung erkennen und mitmachen.
