

Thorsten Schäfer-Gümbel
Für weltweit wertschöpfende internationale Kooperationen.
Thorsten Schäfer-Gümbel steht für internationale Zusammenarbeit, die auf Nachhaltigkeit, Partnerschaft und langfristige Wirkung ausgerichtet ist, wie kaum eine andere Persönlichkeit in Deutschland. Seit 2022 ist er Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Hier treibt er im Auftrag der deutschen Bundesregierung die Umsetzung der UN-Agenda 2030 der Sustainable Development Goals (SGD) voran.
Unter seiner Führung richtet sich die GIZ zu einem internationalen Kooperationspartner aus, der Herausforderungen wie Klimawandel, Armut oder Ungleichheit bewältigen hilft und Projekte in Partnerländern unterstützt, um langfristige Kooperationen zu fördern.
Thorsten Schäfer-Gümbel betont in diesem Rahmen immer wieder, dass kein komplexes globales Thema alleine gelöst werden könne. Internationale Zusammenarbeit sei zentral. Insbesondere sei dieses auch für ein Land wie Deutschland, in welchem jeder zweite Euro mit Exporten verdient wird, relevant.
In Anbetracht der Zerschlagung von USAID gibt es viele Lücken in der internationalen Zusammenarbeit zu füllen. USAID (United States Agency for International Development) ist die Entwicklungsbehörde der Vereinigten Staaten.
Thorsten Schäfer-Gümbel leistet als Vorstandssprecher der GIZ einen wichtigen Beitrag zur internationalen Zusammenarbeit und trägt damit maßgeblich zur langfristigen Friedensförderung und Konfliktbearbeitung, zur Sicherheit und Stabilität weltweit bei. Seine Arbeit verkörpert unter anderem das Mindset der qualitativen Ökonomie, die auch für nachhaltige Entwicklung, soziale Gerechtigkeit und kooperatives Tun steht.
Ein Kurzinterview. Über einen hohen Ressourcenverbrauch, der Ungerechtigkeiten verursacht. Und einen neuen Fahrplan.
Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050, und was wünschen Sie sich?
Ich bin realistischer Optimist. Deshalb finde ich die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nation 2030 einen klugen Ordnungsrahmen für die Zukunftsfragen. Wir wissen aber auch, dass wir nicht im Fahrplan sind. Im Gegenteil! Die Ziele sind aber erreichbar und eine nachhaltigere Welt ist möglich. Sie erfordert das Handeln des Einzelnen und der Gemeinschaft. Ich wünsche mir, dass der Wille und die Kraft der Gestaltung in diesem Sinne wirksam werden. Das fängt bei uns selbst an!
Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?
Die Ressourcenverbräuche der Menschheit sind zu hoch und produzieren unzählige Ungerechtigkeiten. Das ist schlicht nicht zukunftsfähig und erfordert grundlegende Veränderung. Ein System, das auf Übernutzung basiert, kann dauerhaft weder ökologisch noch sozial stabil bleiben. Wir brauchen neue Modelle, die Verteilungsgerechtigkeit, ökologische Tragfähigkeit und wirtschaftliche Resilienz miteinander verbinden und internationale Perspektiven und Kooperationen berücksichtigen – nur so wird Wirtschaft zukunftsfähig.
Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.
Schlüsselerlebnisse gab es mehrere, die wirksamsten waren sicher das Massaker von Srebrenica im Juli 1995 und mein erster Besuch in China. Nach dem Massaker von Srebrenica habe ich meine Perspektive auf militärisches Engagement Deutschlands grundlegend geändert. Seitdem leitet mich der Satz, dass man Fehler machen kann, wenn man entscheidet. Man kann aber auch Fehler machen, wenn man nicht entscheidet. Unter anderem aus diesem Grund gehörte ich zu den ersten Politikern, die sich nach dem Massaker an den Jesiden durch den IS für eine Ausrüstung der kurdischen Truppen ausgesprochen hat. Vielleicht noch ein kurzer Satz zu China. Seit meinem ersten Besuch in der China hat sich eine besondere Aufmerksamkeit für internationale Zusammenhänge und die Abhängigkeiten Deutschlands herausgebildet.
Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie?
Ausgangspunkt muss ein ökologischer, ökonomischer und sozialer Gleichgewichtszustand sein. Die frühen Überlegungen des Club of Rome aus dem Jahr 1972 sind in diesem Zusammenhang immer noch erstaunlich aktuell und bieten wichtige Leitplanken. Die qualitativen Parameter einer zukunftsfähigen Ökonomie sollten sich daher nicht nur an Wachstum, sondern an Resilienz, Teilhabe, Gerechtigkeit und planetaren Belastungsgrenzen orientieren.
Was sollten wir tun, und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?
Wir sollten alles unterlassen, was einen Absolutheitsanspruch erhebt, egal ob ideologisch, technologisch oder wirtschaftlich und stattdessen mehr Offenheit für unterschiedliche Lösungswege fördern. Dabei sollten wir uns Optionen schaffen und sichern, welche ökologischen, ökonomischen, sozialen und technologischen Spielraum schaffen. Qualitative Ökonomie braucht dabei Raum für Experimente, lokale Anpassungen und systemisches Denken. Systeme, welche eine langfristige Wirkung entfalten, statt kurzfristige Effekte maximieren und dabei stets die Fähigkeit zur Korrektur und Weiterendwicklung mitdenken, sollten dabei belohnt werden.
