Portraitbild: Henning Ross.
Tina Müller
Für regeneratives Wirtschaften. Für glückliche und gesunde Menschen.
Tina Müller ist eine CEO mit einer breiten Branchenerfahrung. Nach Studienjahren in Deutschland, Frankreich und an der Harvard Business School in den USA startete sie ihre Karriere in der Kosmetikindustrie und wechselte später in die Automobilbranche.
Die ehemalige Marketingvorständin von Opel und CEO bei Europa führendem Beauty-Retailer Douglas ist davon überzeugt, dass Wirtschaftswachstum keine Probleme verursacht, sondern lösen kann – vorausgesetzt, man einigt sich auf eine andere Art des Wirtschaftens, mit dem Fokus auf Verantwortung für die Gesellschaft und unseren Planeten.
Die heutige CEO von Weleda denkt Wirtschaft anders. Tina Müller denkt in Systemen, die, ähnlich wie in der Natur, vielfältig und kooperativ miteinander Wertschöpfungsketten entwickeln. Dafür braucht es mehr als Innovationen: Als überzeugte Verfechterin der Qualitativen Ökonomie fordert sie, dass in Zukunft „Profit“ nicht auf Kosten von Mensch und Natur entstehen darf. Sie möchte Wirtschaft regenerativ gestalten. Denn das macht Menschen nachhaltig glücklich und gesund.
Ein Kurzinterview. Über einen Heilpflanzengarten als Vorbild für ein neues Wirtschaftssystem und die entscheidende Frage nach dem Sinn.
Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050, und was wünschen Sie sich?
Im Jahr 2050 wird regeneratives Wirtschaften nicht länger eine Utopie, sondern gelebte Realität sein. Business Modelle werden sich vor allem darauf konzentrieren, wie sie dem Mensch und Natur dienen können, soziale Herausforderungen meistern sowie zu mehr Fairness und Vielfalt beitragen. Wachstum wird dann nicht mehr Probleme verursachen, sondern sie lösen.
Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?
Unser aktuelles Wirtschaftssystem zerstört die Grundlagen, die wir Menschen zum Überleben brauchen. Und somit auch die Grundlagen, die das Wirtschaftssystem selbst zum Überleben braucht. Deswegen stellt sich die Frage nicht, ob wir ein neues Wirtschaftssystem brauchen, sondern wie schnell wir die Wende schaffen.
Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.
Bevor ich als CEO bei Weleda angefangen habe, habe ich den Weleda Heilpflanzengarten besucht. Ein wirklicher Schlüsselmoment. Denn die Art und Weise, wie der Garten als lebendiges System angelegt ist, hat mir gezeigt, wie wir Wirtschaft denken müssen: Vielfältig, kooperativ, in Systemen denkend. Mit unserer Strategie #Focus_GrowthThatMatters – Wachstum mit Verantwortung versuchen wir die Idee des Gartens in unserer gesamten Wertschöpfungskette umzusetzen. Eine spannende Aufgabe!
Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie?
Qualitative Ökonomie muss aus meiner Sicht vor allem den Anspruch haben, echte Bedürfnisse zu befriedigen bzw. echte Herausforderungen zu lösen – und das auf eine regenerative Art und Weise. Unsere heutige Konsumgesellschaft muss ja oft erstmals durch Marketing Bedürfnisse kreieren, um überhaupt einen Markt zu finden. Insofern ist Qualitative Ökonomie das Gegenteil von der Ökonomie, die uns in den Regalen leider noch viel zu oft begegnet.
Was sollten wir tun, und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?
Wir sollten uns vor allem fragen, was macht Menschen wirklich glücklicher und gesünder, was macht Natur gesünder und vielfältiger? Und genau dafür müssen wir Lösungen entwickeln. Das ist ein völlig anderer Ansatz, als zuerst die Frage zu stellen: Was bringt den größten Profit? Wer Qualitative Ökonomie voranbringt, der wird übrigens auch selbst glücklicher. Denn sinnstiftend zu arbeiten macht einfach zufrieden.