Dr. Jörg Hoffmann

Für Evolution statt Revolution. Für Technologie, Innovation und wertebasierte Anreizsysteme zur Lösung globaler Probleme. 

Jörg Hoffmann ist ein praxisorientierter Visionär, globaler Standort-Stratege und Chief Executive Officer (CEO) eines mittelständischen Familienunternehmens in Baden, das bei elektrischen Stellantrieben für Industriearmaturen mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz und 2800 Mitarbeitern weltweit Weltmarktführer ist. Er setzt sich für langfristige und weltweite nachhaltige Ertrags- und Wertsteigerung ein, indem er Faktoren wie Mitarbeiterentwicklung, soziale Verantwortung, Inklusion, Kultur und Werte von Anfang an in die Strategieentwicklung des klassischen Maschinenbauunternehmens integriert. Seine hohe interkulturelle Kompetenz ermöglicht es ihm, überall auf der Welt Standorte, Geschäftsmodelle und Produkte neu zu denken.

Unter Jörg Hoffmanns Leitung hat sich das Unternehmen strategisch bei Produkten, digitalen Angeboten, Prozessen sowie an allen Standorten weiterentwickelt. Er hat es dabei geschafft, seine Strategie der Zukunft gleichzeitig im weltweiten Konzernverbund zu entwickeln, ohne die individuellen Standortbedingungen und soziale Verantwortung vor Ort aus den Augen zu verlieren. AUMA steht somit heute weltweit für Spitzentechnologie made in Germany und digitale Innovationen, und genauso für lokales soziales Engagement an den über 30 Standorten. 

Seiner Überzeugung nach können gerade mittelständische Unternehmen mit ihrer über Jahre gewachsenen Firmenkultur einen wichtigen Beitrag zu einer zukunftsfähigen globalen Wirtschaft leisten. Game Changer sind hier internationales Denken und Handeln, Technologie und Innovation gepaart mit der Besinnung auf die eigene Herkunft und Werte. Aus seiner beruflichen Erfahrung heraus hält er Evolution für den besseren Weg gegenüber Revolution – mit höherer Akzeptanz, stärkerer Wirkung und größerer Nachhaltigkeit. Dafür braucht es einen wertschätzenden Dialog zwischen Alt und Neu – und transparente Kommunikationsprozesse, um möglichst viele Menschen auf dieser so wichtigen Reise mitzunehmen.

Seine Wachstumsstrategie und der von ihm initiierte unternehmensinterne Veränderungsprozess stehen für eine neue und verantwortungsvolle qualitative Ökonomie. Jörg Hoffmann ist hier ein Pionier, der die Vision hat, in Zukunft über wertebasierte Anreizsysteme weltweit Veränderungsprozesse für eine nachhaltige Zukunft anzustoßen.

Ein Kurzinterview. Über die Bedeutung von Innovation, Tempo, Wertschätzung und internationales Miteinander auf dem Weg in eine gemeinsame Zukunft.

Wie sehen Sie die Welt im Jahr 2050, und was wünschen Sie sich?

Ich wünschte mir einen fairen Interessenausgleich auf dem Weg zu einer emissionsreduzierten Zukunft, damit die entwickelten Gesellschaften weiter gut leben können, und die Länder des globalen Südens gleichzeitig eine Chance haben sich zu entwickeln. Wegen der Begrenztheit der Ressourcen werden international abgestimmtes Handeln, Technologie und Innovationen immer wichtiger und sind notwendig, um uns dem Ziel näher zu bringen. Ich hoffe, dass wir dies als Menschheit begreifen und zeitnah beginnen, gemeinsam danach zu handeln. Ehrlich gesagt bin ich aber aktuell pessimistisch, dass wir das notwendige abgestimmte, zielgerichtete und koordinierte Handeln hinbekommen. Wir bewegen uns derzeit, aus meiner Sicht, genau in die falsche Richtung. Aufflammende regionale Konflikte, Abschottung und zunehmende Handelsbarrieren aufgrund nationaler Egoismen verhindern die erforderlichen Aktionen.
Optimistisch stimmt mich wiederum, dass es in den vergangenen Jahrzehnten, trotz ebenfalls nicht optimaler Rahmenbedingungen, gelungen ist, vielen Millionen Menschen in Schwellenländern aus absoluter Armut zu einem auskömmlichen Leben zu verhelfen. Auch die vielen internationalen Initiativen zum schonenden Umgang mit Ressourcen gehen in die richtige Richtung. Wir machen also Fortschritte – auch wenn die globale Zusammenarbeit noch in den Kinderschuhen steckt.

Warum macht die Zukunft ein anderes Wirtschaften notwendig?

Es gibt ein gewisses Zeitfenster, das wir nutzen können und müssen, um die notwendigen Veränderungen einzuleiten und umzusetzen. Angesichts der Größe der Aufgabe ist ein neuer Ansatz dringend erforderlich. Soll die Änderung nicht traumatisch erfolgen, z.B. durch totalitäre Regierungen, Revolutionen oder Katastrophen, dann müssen wir uns in Richtung einer anderen Ökonomie entwickeln.

Wir müssen Fortschritt neu bewerten, etwa als Beitrag zur Lösung globaler Probleme und einem nachhaltigen Wirtschaften. Staaten müssen geeignete Rahmenbedingungen schaffen, damit sich privatwirtschaftliche Innovativkräfte optimal entfalten können und internationale Zusammenarbeit vereinfacht wird. Unternehmen müssen stärker als bisher an ihrem gesellschaftlichen Beitrag gemessen und dafür incentiviert werden – und nicht durch immer neue bürokratische Mikro-Vorgaben behindert werden.

Erzählen Sie uns bitte von einem Schlüsselerlebnis, das Ihre Weltanschauung verändert hat.

Ich möchte nicht von einem einzigen Schlüsselerlebnis sprechen. In meiner langen Karriere in unterschiedlichen Unternehmen, verschiedenen Ländern und diversen Funktionen hat jede Station einen Beitrag zum Entstehen des Gesamtbildes geleistet. Ob ich von einer Weltanschauung sprechen würde, weiß ich nicht; ich habe gelernt, was im Business für mich funktioniert, und was nicht.

Zum Beispiel wurde mir schon in der ersten Managementposition klar, wie wichtig Erfahrung, Lernen und Zuhören neben theoretischer Brillanz für den Erfolg sind. Kommunikationsfähigkeit und Empathie für Mitarbeiter sind wesentliche Instrumente der Führung, die man nicht als wichtig genug erachten kann. Führung an sich ist umso wichtiger, je kritischer die Situation im Unternehmen oder in der Gesellschaft ist. Demut, konsistentes Handeln und eine realistische Einschätzung der eigenen Person und der eigenen Rolle helfen, authentisch zu bleiben und anerkannt zu werden. Offenheit für notwendige Veränderungen und geistige Flexibilität in herausfordernden Situationen sollte man sich bewahren, um erfolgreich zu sein und zu bleiben. Den Austausch mit anderen Kulturen in der weltweiten Zusammenarbeit, das Besuchen von verschiedensten Ländern, um weiter zu lernen und die Dinge aus einem anderen Blickwinkel als dem Gewohnten zu sehen, und das Leben im Ausland habe ich immer als Höhepunkte meiner beruflichen Tätigkeit und persönlich als sehr bereichernd gesehen.

Um doch ein Erlebnis herauszuheben: Mein vierjähriger Aufenthalt mit meiner Familie in Barcelona hat mir gezeigt, wie schwer Integration in eine ausländische Gesellschaft ist – und dies trotz der relativen kulturellen Nähe von Spanien zu Deutschland, der hervorragenden Voraussetzungen, der Unterstützung als Expat bei Bosch und der herausgehobenen beruflichen Position.

Was sind die für Sie wichtigsten Parameter der Qualitativen Ökonomie? 

Bei der qualitativen Ökonomie geht es darum, einen ausgewogenen Ansatz zu finden, der wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte harmonisch miteinander verbindet. Nur so können wir eine nachhaltige und gerechte Zukunft gestalten, in der Wohlstand und Wohlbefinden für die große Mehrzahl der Menschen möglich ist, ohne dass wir unseren Planeten mit seinen begrenzten Ressourcen überfordern.

Eine stringente Umsetzung erfordert, dass wir langfristige Ziele verfolgen und nachhaltige Strategien entwickeln, die über den kurzfristigen wirtschaftlichen Erfolg im Sinne von “shareholder value” hinausgehen.

Was sollten wir tun, und was sollten wir lassen, um qualitative Ökonomie zu schaffen?

Um die Welt in 2050 als einen fairen und für die große Mehrzahl der Menschen lebenswerten Ort zu gestalten, ohne die vorhandenen Ressourcen überzustrapazieren, ist noch ein langer Weg zu gehen. Die Frage ist: Wie kommen wir schnell genug voran?

Ich bin mir sicher, dass staatlicher Zwang, Bevormundung, Überregulierung und Mikro-Management nicht zum Ziel führen werden. Auch egoistische Abschottung und Regionaldenken bringen uns nicht weiter. Und pauschale Kritik an Technik und dem in der Vergangenheit Erreichten sind ebenfalls nicht zielführend.

Ich glaube vielmehr an die Symbiose von Vergangenem und Zukunft, was ich mir in dem Slogan “Evolution statt Revolution” zum Leitbild etwa in meinem aktuellen Unternehmen gemacht habe. Es gilt also, auf dem Guten der Vergangenheit aufzubauen und sukzessive Neues, Besseres hinzuzufügen. Die Vergangenheit ist dabei nicht per se gut oder schlecht, sondern sie hat uns auf den heutigen guten Stand gebracht. Zukünftige Innovationen und Lösungen sind nicht per se überlegen und müssen ja auch erst einmal gefunden werden. Es gibt immer auch Unsicherheit über den besten zukünftigen (technologischen) Weg – deshalb müssen wir für verschiedene Technologien offen sein.

Damit diese Symbiose gelingt, müssen Bewahrer und Modernisierer in einen offenen, wertschätzenden Dialog auf Augenhöhe treten. Beide Seiten müssen bereit und fähig sein, ihre eigenen Erfahrungen und Überzeugungen infrage zu stellen. Ideologische Scheuklappen sind überhaupt nicht hilfreich! Es zählt das bessere Argument, die bessere Idee. Um die bestmöglichen Entscheidungen zu treffen – wir haben nicht mehr so viel Zeit und unbegrenzt viele Versuche – muss jetzt alles an Wissen, Argumenten und Perspektiven auf den Tisch.

Eine weitere wichtige Aufgabe in der Transformation ist die begleitende Kommunikation, um möglichst viele auf dem Weg mitzunehmen. Es gibt keine einfachen Pauschalrezepte für die Herausforderungen der heutigen komplexen Zeit. Wir müssen diese Komplexität den Menschen vermitteln, ohne sie zu überfordern. Es gilt zu erklären, warum man zu einer Lösung gekommen ist, welche Alternativen man geprüft, und warum man diese verworfen hat. Alle müssen sich anstrengen, um auf verschiedenen Ebenen klar und verständlich zu kommunizieren.

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